Schufa will noch mehr Daten sammeln?

Handyvertrag geplatzt?
Wohnraum-Mietvertrag nicht bekommen?
Kredit abgelehnt?

Willkommen im Datensammelsumpf.

Wie unlängst bekannt wurde, plante die Kreditwürdigkeits-Auskunftei Schufa im Rahmen eines Forschungsprojekts, Daten von Nutzern die unter anderem Facebook, Twitter und Co. nutzen, auszuwerten und ob man diese Erkenntnisse dann in die Profile für Bonitätsauskünfte einfließen lassen kann.

Doch das rief bei Politikern und Datenschützern gleichsam Empörung hervor.

„Die Schufa muss die Karten auf den Tisch legen. Ich erwarte vollständige Aufklärung über die Hintergründe und Ziele dieses Forschungsauftrags“, empörte sich Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). „Es kann nicht sein, dass soziale Netzwerke systematisch nach sensiblen Daten abgegrast werden, die dann in die Bonitätsbewertungen von Kunden einfließen.“

 

Piratenpartei-Chef Bernd Schlömer erklärte: „Wenn selbst die Polizei nicht auf Facebook ermitteln darf, warum sollte es eine Finanzauskunftei dürfen?“

 

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar: „Der Fall zeigt einmal mehr, wie Nutzerdaten – etwa aus sozialen Netzwerken wie Facebook – ohne Wissen der Betroffenen ausgeforscht und zu Geld gemacht werden.“ Big Data heißt dieser Mega-Trend im Netz.

 

Der Programmierer und Blogger Christian Köhntopp drehte am Donnerstag in einem Blogeintrag den Spieß um:

«Wenn die Schufa das kann, dann kann das jeder machen.» Die Schufa, die ihr Geld mit umfangreichen Dossiers zur Kreditwürdigkeit deutscher Verbraucher verdient, müsse um ihre Geschäftsgrundlage bangen, schrieb Köhntopp. «Falls das Projekt von HPI und Schufa herausfindet, dass genau das auch mit öffentlich verfügbaren Daten mit einer sinnvollen Trefferwahrscheinlichkeit getan werden kann, ist die Schufa erledigt.»

Auf dem Karriereportal Xing lassen sich einfach Zusammenhänge zwischen dem beruflichen Erfolg und dem Uni-Abschluss erkennen – spannend für Personalberater, die Absolventen einer bestimmten Hochschule bevorzugen könnten.

Wer seine Daten im Netzwerk gegen solche Analysen mit Privacy-Einstellungen schützt, könnte bei der Kreditberatung oder im Vorstellungsgespräch künftig zur Freigabe des eigenen Nutzerkontos aufgefordert werden, so die Sorge.

Längst gibt es Dienste, die ganz unverhohlen das digital nachvollziehbare soziale Netzwerk eines Einzelnen analysieren, etwa PeerIndex und Klout. Diesen Diensten gewährt man Zugriff auf Netzwerke, in denen man Mitglied ist – Facebook, Twitter, Google+ und so weiter. Ein Algorithmus errechnet dann aus den vorhandenen Informationen – mit wie vielen Nutzern man verbunden ist, wie oft diese geteilte Links oder Fotos weiterreichen – einen Punktwert. Je höher die Zahl, desto wichtiger und einflussreicher schätzen Klout oder PeerIndex den Nutzer ein.

Aus mit Positionsdaten versehenen Urlaubsfotos von Facebook lässt sich etwa herauslesen, wer wann wo in den Urlaub fährt. Daraus wiederum sind Rückschlüsse auf die Einkommenssituation und persönliche Freizeitpräferenzen der Nutzer möglich – Daten, die nicht nur die Schufa interessieren könnten, sondern auch Reiseportale oder Outdoorhersteller.

Vorsicht ist im Umgang mit sozialen Netzwerken in jedem Fall geboten, ganz unabhängig von den Plänen der Schufa und es liegt immer am Nutzer selber, wie viel er von sich und seinem Leben im Internet preisgeben will.

Quellen: Spiegel, Welt, Stern

Ergänzung;
Wie am 08.Juni 2012 in den Medien bekannt gegeben wurde, hat das von der Schufa beauftragte Institut nach den Protesten aus Bevölkerung und Politik die Arbeit an dem Projekt eingestellt.