Das neue Meldegesetz

Klammheimlich verabschiedet? Nein, nicht direkt. es ist nur durch die EM untergegangen und wurde nicht so beachtet. Dafür hagelt es es jetzt um so mehr Kritiken.

Aber mal von Anfang an.

Der Bundestag hat den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur „Fortentwicklung des Meldewesens“ ohne weitere Aussprache in geänderter Form beschlossen. Die Regierungsfraktionen stimmten dafür, die Daten der rund 5200 Meldeämter zu vernetzen. Die Opposition war geschlossen dagegen und sprach von einem „schlechten Gesetz“, die Privatsphäre der Bürger werde aufgeweicht.

Die Regierung hatte ursprünglich geplant, mit dem bundesweiten Registerverbund den Datenschutz bei Melderegisterabfragen zu stärken. Auskünfte über Vor- und Familiennamen, akademische Grade sowie gegenwärtige Anschriften sollten nur noch für Werbung und Adresshandel herausgegeben werden, wenn die betroffene Person zugestimmt hat. Dagegen waren die Inkasso- und Direktmarketingwirtschaft sowie Auskunfteien Sturm gelaufen.

Die Regierungsfraktionen haben die Bestimmung nun zusammengestrichen. Verboten sein soll es künftig laut dem Beschluss (PDF-Datei) nur noch, Meldedaten für Werbung oder Adresshandel zu verwenden, wenn dieser Zweck bei der Anfrage nicht angegeben wurde oder der Betroffene dagegen Widerspruch eingelegt hat. Dies soll aber nicht gelten, wenn die Informationen nur verwendet werden, wenn bereits vorhandene Daten bestätigt oder berichtigt werden sollen. Kritiker befürchten, dass so selbst das „Opt-out“ wirkungslos werde, da für eine Melderegisterauskunft immer bereits bestehende Informationen gebraucht würden, es sei in jedem Fall davon auszugehen, dass diese Daten überprüft werden.

Thilo Weichert etwa, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), spricht von einer „Nacht- und Nebelaktion“ des Bundestags, die „das bisherige Melderecht auf den Kopf stellen würde“. Auch der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri lehnt die Initiative ab. Zuvor hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar die Änderungen bereits gegenüber heise online kritisiert.

Diese unscheinbar wirkende Änderung hätte beim Inkrafttreten des Gesetzes „gravierende Konsequenzen für die betroffenen Bürger und die Kommunen mit ihren Meldebehörden“, meint Weichert. Profitieren würden vor allem Auskunfteien und Adresshändler. Diese könnten sich bisher keine Adressen aus dem Melderegister ohne Einwilligung der Betroffenen beschaffen. Das Verbot umgingen viele Adresshändler schon heute, „indem sie für Gläubiger auftragshalber Meldeauskünfte vermitteln und diese danach für eigene Zwecke weiternutzen“. Diese illegale Praxis solle nun anscheinend legalisiert und massiv ausgeweitet werden.

Mit der geplanten Änderung „würde eine nicht aktuelle Adresse genügen, und schon könnten die Firmen sich die behördlich beschafften, geprüften aktuellen Adressen besorgen“, erläutert der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte. Riesige Bestände von nicht aktuellen Daten gebe es zuhauf. Adresshändler könnten sich so wertvolle Behördendaten beschaffen und diese danach teuer weiterveräußern. Zugleich würden den Kommunen wichtige Einnahmequellen in Form der Gebühren für Melderegisterauskünfte genommen, weil Interessenten wie Gläubiger sich bei den Adresshändlern und ihren Vorratsdaten bedienen könnten.

Experten hinterfragen zudem die Wiedereinführung der Pflicht, dem Meldeamt bei einem neuen Eintrag ins Register eine Bescheinigung des Wohnungsgebers vorlegen zu müssen. In ganz Berlin gebe es pro Jahr offiziellen Zahlen zufolge 320 der sonst befürchteten „Scheinanmeldungen“. Hier habe sich der Druck der Sicherheitsbehörden bemerkbar gemacht. Die Gegner setzen ihre Hoffnungen nun auf den Bundesrat, der dem Gesetz zur „Fortentwicklung des Meldewesens“ noch zustimmen muss. Dem Vernehmen nach will unter anderem Schleswig-Holstein sich dafür einsetzen, dass die Länder den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag einberufen.

Da muss man sich doch fragen, was dem Bürger noch alles abverlangt wird?

Quelle: heise online